Kieferorthopädie (KFO)
Was genau ist KFO (Kieferorthopädie)?
Unsere Zähne haben eine wirklich eindrucksvolle Stellung in unserem Leben. Von Geburt an beeinflussen sie nicht nur die Gesundheit des gesamten Körpers sondern auch die Harmonie unseres Gesichtes, prägen unsere Sprache, die persönliche Ausstrahlung und somit den Gesamteindruck eines Menschen.
Allerdings kommen längst nicht alle mit einem perfekten Gebiss auf die Welt. Abhilfe schafft hier die Kieferorthopädie (KFO), die jedem zu gesunden Zähnen und einem strahlenden Lächeln verhelfen kann – in fast jedem Alter. Dazu bedarf es allerdings einiges mehr als Zahnspangen oder -klammern:
Die KFO ist ein Fachgebiet der Zahnmedizin und befasst sich mit der Erkennung, Verhütung und Behandlung von Zahn- und Kieferfehlstellungen. Wobei es vor dem schönen Aussehen gerade stehender Zähne vor allem um die Erhaltung und Wiederherstellung wichtiger gesundheitlicher Faktoren geht. Ziel der KFO ist neben einem Optimum an Ästhetik immer das regelrecht funktionierende Gebiss, das bei richtiger Pflege möglichst lange gesund bleibt.
Wann sollte sie beginnen?
Die Veränderungen der Zahnstellung beginnen wachstumsbedingt im frühsten Kindesalter. Der Gang zum Facharzt für Kieferorthopädie bereits mit ca. drei Jahren kann also nicht nur Zeit und Mühen sondern später vor allem Kosten sparen. Zwar beginnt eine kieferorthopädische Behandlung in der Regel erst mit acht oder neun Jahren – während des Zahnwechsels und vor Abschluss des Kieferknochen-Wachstums. Frühzeitig erkannten Fehlstellungen (beginnender offener Biss, Rück- oder Vorbiss des Unterkiefers, seitlicher Kreuzbiss) kann jedoch häufig bereits mit spielerischen Muskelübungen, einfache Massnahmen wie Mundvorhofplatten oder einfachen herausnehmbaren Zahnspangen entgegen gewirkt werden.
Bei einem späteren Behandlungsbeginn kommt der kleine Patient je nach Ausprägungsgrad der Fehlstellung dann meist nicht mehr um eine aufwendige kieferorthopädische Behandlung herum.
Warum KFO?
Die richtige und vor allem regelmässige Zahnpflege von Kindesbeinen an ist der Grundstein für gesunde Zähne. Doch nicht nur die Pflege sondern auch die Stellung der Zähne im Kiefer und die Lage von Ober- zu Unterkiefer sind massgeblich für das gesunde und richtige Funktionieren des Kauapparates.
Mögliche Fehlstellungen und ihre Folgen:
– Enge und schief stehende Zähne stören nicht nur die Ästhetik des Gesichtes, sie erschweren durch schwer zugängliche Nischen zudem die Reinigung des Mundraumes und sind durch Zahnbeläge verstärkt karies- und parodontosegefährdet.
– Fehlerhafte Zahnkontakte können zu einer Überlastung des Zahnhalte-Apparates führen, die Parodontose begünstigen und damit einen frühzeitigen Zahnverlust.
– Ein inkompetenter, mangelnder Lippenschluss begünstigt die Mundatmung und damit eine grössere Anfälligkeit gegen Erkältungskrankheiten, erhöhte Kariesanfälligkeit und fehlerhaftes Wachsen der Kiefer.
– Falsche Zahnstellungen sind vor allem im Frontbereich häufig von einer fehlerhaften Zungenlage und -funktion und von falschen Schluckmustern sowie unkorrekter Aussprache begleitet.
– Fehlerhafte Zahnkontakte beeinträchtigen die Kaufunktion und damit die Verdauungsfunktion. Reizungen des Magen-Darmtraktes können die Folge sein.
– Fehlstellungen der Kiefer können schmerzhafte Verspannungen der Gesichts- und Kaumuskulatur bewirken.
– Fehlbelastungen im Kiefergelenk können Schmerzen und Verspannungen im Bereich der gesamten Wirbelsäule, Kopf- und Gesichtsschmerzen, Tinnitus und Schwindel mit bedingen.
– Eine durch Zahnschiefstand oder falsche Kieferlage beeinträchtigte Harmonie des Gesichtes kann zu vermindertem Selbstwertgefühl bis hin zu Depressionen führen.
Worauf Eltern achten sollten:
Zahnfehlstellungen und Kieferanomalien können erblich bedingt sein. Weitaus häufiger jedoch sind sie auf Angewohnheiten wie Daumenlutschen oder vorzeitigen Milchzahnverlust durch Karies zurückzuführen. Bleiben diese an sich kleinen Sünden unerkannt und unbehandelt, finden sie sich später meist in ausgeprägterer Form wieder. Daher sollten Eltern bei ihren Kindern gezielt auch darauf achten, ob diese mit ihrem Verhalten eventuelle Fehlstellungen herbeiführen oder diese gar fördern:
– Das Daumenlutschen kann durch Druck auf Gaumen und Oberkiefer einen so genannen Offenen Biss verursachen. Dem nuckelnden Säugling daher lieber einen Beruhigungssauer geben und auch diesen spätestens mit drie Jahren absetzen.
– Angewohnheiten wie Beissen oder Saugen an den Lippen, Fehlfunktionen der Zungen oder auch falsche Schluckgewohnheiten führen unbehandelt ebenfalls zu Zahnfehlstellungen.
– Fallen Milchzähne – beispielsweise wegen Karies – verfrüht aus, rutschen die Nachbarzähne einfach in die Lücke und verengen so den Platz für den nachrückenden bleibenden Zahn – eine Zahnfehlstellungs-Anomalie ist die Folge. Um so wichtiger ist da neben der ‚zahnfreundlichen‘ Ernährung zum einen die richtige Zahnpflege. Und zwar von Anfang an. Zum anderen sollten auch kleine Kinder ihre Eltern beim Gang zum Zahnarzt begleiten und zumindest kariesprophylaktisch betreut werden. Fehlentwicklungen können so noch frühzeitiger erkannt und mit der Überweisung zum Fachzahnarzt für Kieferorthopädie rechtzeitig behandelt werden.
Die Diagnose:
Um das tatsächliche Ausmass von Anomalien und den Umfang der nun erforderlichen Behandlungsmassnahmen zu erkennen, müssen zunächst unterschiedliche Befunde zur Funktion von Lippen, Zunge und Zahnreihen erhoben werden. Ebenso ist die Stellung von Ober- und Unterkiefer und die Lage der Kiefer zueinander sowie der Zustand der Kiefergelenke zu klären. Die Ergebnisse dieser Befunde sind als kieferorthopädische Diagnose individuelle Basis der dann zu wählenden Behandlungsmethoden und -geräte. Hier ist eine qualifizierte Weiterbildung und Erfahrung des Fachzahnarztes für Kieferorthopädie notwendig.
Zu den Diagnosemethoden gehören:
– Abformungen von Ober- und Unterkiefer zur Ermittlung des Umfangs der Fehlstellungen (Kiefermodellanalyse)
– Fixierung der Kieferlage
– Herstellung und Metrische Analyse der Kiefermodelle
– Übersichts-Röntgenaufnahmen
– Fernröntgen-Seitenaufnahmen und in Ausnahmefällen Fernröntgen-Frontalaufnahmen
– Profil- und En face-Fotografien, Fotos der Zähne
– manuelle und ggf. auch instrumentale Funktionsanalyse
Die Kiefermodell-Analyse: Um den genauen Umfang der Fehlstellungen zu bestimmen werden jeweils von Ober- und Unterkiefer Abdrücke genommen und die Kiefermodelle genau vermessen. Zwischenbefunde dienen als Dokumentation des Therapiefortschrittes.
Die Fernröntgen-Analyse: Aufnahmen des Schädels geben Aufschluss über die Lage der Kiefer im Gesichtsschädel und zueinander. Bei Heranwachsenden zeigen die Aufnahmen das Wachstumsmuster und sind somit besonders wichtig für die Therapieplanung und den zu erwartenden Behandlungsverlauf.
Funktions-Analysen: Eine manuelle Funktionsanalyse stellt den Zusammenhang einer Zahn- und Kieferfehlstellung, der damit möglicherweise verbundenen Kiefergelenkstörung (craniomandibuläre Dysfunktion) und die Auswirkung auf die Wirbelsäule (craniovertebrale Dysfunktion) fest. Mittels instrumenteller Funktions-Analyse wird die Lage der Kiefer im Schädel naturgenau und individuell mittels Modell, auf den Artikulator übertragen um darin die Funktion des Kauorgans nachzuahmen.
Foto-Analysen: Bezugslinien und Messungen verdeutlichen an einer Fotografie die Abweichungen zu einem ‚harmonischen Gesicht‘ und sind somit wichtiges Hilfsmittel für Überlegungen zu funktionellen und ästhetischen Verbesserungen.
Die Behandlung:
Ergebnis der intensiven und umfangreichen Diagnose ist der individuelle Behandlungsplan. Dieser legt die jetzt folgenden einzelnen Schritte der Behandlung fest, bestimmt Behandlungsmethoden und benötigte Apparaturen und sollte mit Ihnen als Eltern durchgesprochen und abgestimmt werden. Schliesslich werden Sie wie Ihr Kind mit Beginn einer kieferorthopädischen Behandlung in den kommenden 3-4 Jahren viel Zeit und Mühe auf deren Erfolg einsetzen. Über diesen Zeitraum erstreckt sich in der Regel die aktive kieferorthopädische Behandlung mit herausnehmbaren oder festsitzenden Geräten. Gefolgt von einer passiven Behandlungszeit zur Sicherung und Stabilisierung der neuen Zahnstellung (Retentionszeit).
Während der aktiven Behandlungszeit sind neben der intensiven Mitarbeit des Patienten (Einhalten der Tragezeiten der Apparaturen, intensive Zahn- und Mundhygiene) regelmässige Kontrollsitzungen (alle 3-8 Wochen) erforderlich.
Sollte im Rahmen der Behandlung die Entfernung von Zähnen oder ein anderer kieferchirurgischer, zahnärztlicher oder paradontalchirurgischer Eingriff notwendig sein, so erfolgt dies nur auf ausdrückliche und schriftliche Anweisung des behandelnden Kieferorthopäden an den ausführenden Zahnarzt, Kieferchirurgen oder Parodontologen.
Neben dem Behandlungsplan erhalten sie einen verbindlichen Kostenplan, den Sie überprüfen und an Ihre Krankenkasse oder private Krankenversicherung übermitteln. Erst danach beginnt die Behandlung.
Spangen, Brackets & Co.
Eine kieferorthopädische Behandlung erfolgt je nach Art der Fehlstellung mit herausnehmbaren Spangen, mit festen Brackets oder mit so genannten Non-compliance-Geräten – Apparaturen, die ohne aktive Mitwirkung des Kindes die Zähne bewegen. Der Kieferorthopäde wählt dabei immer die optimale Behandlungsart – unter weitestgehender Einbeziehung der Wünsche des Kindes und seiner Eltern.
Herausnehmbare Apparate:
Herausnehmbare Apparaturen bestehen aus einer individuellen, laborgefertigten Basis, die mittlerweile in vielen verschiedenen Farben angeboten und mit speziell gebogenen Halte- bzw. aktiven Korrekturelementen aus Edelstahldraht an den Zähnen fixiert wird. Integrierte kieferorthopädische Schrauben vergrössern oder verkleinern die Zahnspange und ermöglichen so letztendlich das Dehnen des Kiefers, das Öffnen oder Schliessen von Lücken oder das Bewegen der Zähne in verschiedene Richtungen. Vorausgesetzt, die vom Kieferorthopäden vorgegebenen Tragezeiten (in der Regel 16-18 Stunden täglich) werden eingehalten.
Funktionsorthopädische Geräte sind aus einem Stück, werden locker im Mund getragen und wirken durch die Nutzung funktioneller bzw. körpereigener Kräfte gleichzeitig auf Ober- und Unterkiefer. Kraftquellen sind die Aktivitäten der Kau-, Zungen-, Lippen- und Wangmuskulatur, die bei jeder Mundbewegung ausgelöst und zur Korrektur von Zähnen und Kiefer genutzt werden. Grundsätzliche Voraussetzungen für das Wirken dieser Geräte ist das Vorhandensein von Wachstum, das entsprechend in die gewünschte Richtung gesteuert wird. Klassische funktionsorthopädische Geräte sind der Aktivator, der Bionator oder der Funktionsregler.
Festsitzende Zahnspangen:
Da herausnehmbare Apparaturen bei komplizierten Zahn- oder Kieferfehlstellungen nur eingeschränkte Möglichkeiten der Behandlung bieten, setzt die Kieferorthopädie hier eher festsitzende Spangen ein, so genannte Brackets. Ein Vorteil dieser Behandlungsart ist – durch die exakte mechanische Wirkung und das ununterbrochene Tragen – die exakteste, effizientere und damit planbarere und vor allem kürzere Behandlungsdauer im Vergleich zu herausnehmbaren Zahnspangen. Da der Mundinnenraum bei festsitzenden Apparaturen frei bleibt, wirken sie sich kaum auf das Sprechen aus. Dafür erfordern Sie jedoch eine äusserst gründliche und regelmässige Zahnpflege und Mundhygiene – morgens, abends und nach jeder Mahlzeit – und sind je nach Ausführung und Material mehr oder weniger sichtbar. Ein Umstand, der von Ihrem Kind und seiner Umwelt akzeptiert wird.
Bei der klassischen Form der festsitzenden Spange werden zunächst kleine Metall- oder Keramikblöckchen (die Brackets) mit einem speziellen Klebstoff auf die Zahnoberfläche geklebt, die vorab versiegelt werden kann, wo sie bis Behandlungsschluss bleiben. Die korrigierende Wirkung erzielt die feste Spange mittels eines individuell geformten Drahtbogens, der durch die einzelnen Brackets führt und dort mit Ligaturen (Gummiringe oder Drähte) befestigt wird. Der Drahtbogen ist in Form des idealen Zahnbogens vorgespannt und versucht, in diese Form zurück zu gelangen. Mit der dabei ausgeübten Kraft werden die Zähne langsam in die Idealposition geführt. Um nicht zu viel Druck auszuüben erfolgt die Behandlung in vielen kleinen Schritten, wird der Drahtbogen während der Behandlung immer wieder angepasst, bis die gewünschte Korrektur erreicht ist.
Ihren Ursprung hat diese auch noch als ‚Multibandbehandlung‘ bezeichnete Technologie bereits in den 20er Jahren. Während früher nur schmale Metallbänder auf den glatten Zahnoberflächen aufzementiert werden konnten, ist mit Entwicklung spezieller Klebetechniken das feste Aufbringen der Brackets auf den Zahnoberflächen und so eine noch patientenfreundlichere Behandlung möglich geworden. Die Brackets sind immer kleiner geworden und durch neue Materialen wie Keramik oder Glasfaser zudem fast unsichtbar.
Die Stabilisierungszeit (Retention):
Nach Abschluss der aktiven kieferorthopädischen Behandlung ist zwar die Zeit der Brackets oder Stellschrauben vorbei – nicht jedoch die der kieferorthopädischen Geräte. Der aktiven Wirkzeit folgt jetzt die passive Stabilisierungszeit – in der Regel länger als die aktive Behandlungszeit in der die neue Zahn- und Kieferstellung mit Retentionsgeräten gesichert und stabilisiert werden muss. Ziel der Retention ist dabei das Behandlungsergebnis so lange zu stabilisieren, bis die neue Zahnstellung vom Organismus als ’normal‘ akzeptiert wird und die Zähne ungestützt nicht mehr zurück in die alte Fehlstellung wandern.
Der Retainer selbst ist bis auf den fest sitzenden Lingualretainer herausnehmbar und wird meist nachts getragen – zuerst regelmässig und dann in immer grösseren Zeitabständen. Typische Formen sind der Positioner (elastischer Silikonabzug von einem individuellen Gipsmodell für eventuelle kleinere Zahnstellungsänderungen), die Tiefziehschiene (spezieller unelastischer und durchsichtiger Kunststoffabzug vom finalen Gipsmodell), passive Platten oder der Lingualretainer (fest auf die Zahninnenseiten geklebter Draht zur Fixierung).
Die Gebühren:
Privatversicherte Patienten bekommen Behandlungsgebühren
– abhängig von der Erstattungsstelle, deren Zahlungsmoral und dem jeweiligen Tarif
– mehr oder weniger erstattet.
Gesetzliche Kassen: Wer bei einer kieferorthopädischen Behandlung noch Zuschuss zur Grundversorgung erhält, hängt vom Bedarfsgrad (KIG) ab. Es gibt 5 Grade. Ab Grad 3 ist Kassenzuschuss möglich.
Die Einstufung von 1 oder 2 sagt allerdings nichts über
– die medizinische Notwendigkeit oder Schwierigkeit,
– den Kiefergelengsbefund (Risiken, Knirschen/Knacken u.a.m.)
– die Risiken bei Unterlassung der Regulierung.
Mehr Informationen finden Sie auf unten stehender Internetseite:
Quelle: http://www.zahnspangen.org/